Ausgabe vom Dienstag, 11. Juni 2002

Operettenkonzert im Gemeindesaal Stansstad

Sehnsüchte, Liebesfreuden und Herzensschmerz

 

Die schon oft Totgesagte, eben die Operette, dürfte, wie das Stansstader Konzert zeigte, ihre Kritiker noch über Generationen überleben. Mit Recht.

 

Da gibt es immer noch Leute, welche die Operette als tot erklären. Wären sie am vergangenen Wochenende in den Gemeindesaal zum Stansstader Operettenkonzert gekommen, hätten sie ihre Meinung bestimmt umgehend geändert. Die Operette lebt! Und wie! Auch heute noch ist sie so munter wie zur Zeit ihrer Entstehung. Mit einem Operettenquerschnitt erfreuten der Kirchenchor Stansstad (Leitung Heinz Stöckli) und der Schützenchor Stansstad (Leitung Takuichi Furukawa) sowie das Vokalsolisten-Duo Rosmarie Hofmann und Max Hermann das Publikum, welches auch die von Ernst Süss vorgetragenen Texte sowie die Einlagen des Schrammelquartettes genoss.
«Blumige Erinnerungen, schmachtend-feurige Andeutungen und gute Unterhaltung» wollte das OK unter Heinz Stöcklis Leitung dem Publikum bieten, was ihnen bestens gelang. Die Stimmung im Gemeindesaal stieg von Darbietung zu Darbietung, und der nicht enden wollende Beifall nach jeder Operettenkostprobe und am Ende des Konzertes war der Dank für die immensen Anstrengungen der Ausführenden.

Schenkt man sich Rosen in Tirol
Mit «Grüss euch Gott, alle miteinander» und «Schenkt man sich Rosen in Tirol» (Tenor, Duett und Gesamtchor) aus Carl Zellers «Vogelhändler» wurde das abwechslungsreiche Konzert schwungvoll eröffnet. Auch bei weiteren Darbietungen zeigte sich, dass Max Hermann nicht seinen besten Tag erwischt hatte und besonders in hohen Lagen etwas Mühe bekundete, ganz im Gegensatz zu Rosmarie Hofmann, deren schlanke, lyrische Sopranstimme durchwegs überzeugte.
Fred Raymond war mit «Maske in Blau» vertreten. Der Schützenchor erzählte von einem zum Fenster hinausschauenden Mädel («Am Rio Negro»); die Sopranistin begeisterte mit dem Couplet «Ja, das Temperament», und dann eroberte die Juliska aus Budapest nicht nur die Männerherzen.
«Gräfin Mariza» ist eine von Emmerich Kalmans Erfolgsoperetten, welche auch heute noch zu begeistern vermag, was die drei Kostproben eindrücklich zeigten. Und beim fröhlichen Walzer «Tanzen möchte ich» aus «Die Csardasfürstin» desselben Komponisten kam auch das Auge zum Zuge.

Unergründliche Frauenherzen
In vielen Operetten ist von den Frauen die Rede, deren Inneres wohl kaum ein Mann je einmal wirklich ergründen können wird. Naja, lassen wirs sein und freuen wir uns trotzdem an den Frauen! Wie man ihre Herzen erobern kann, wird in Franz Lehárs «Weibermarsch» aus der Operette «Die lustige Witwe» verraten, und in «Vilja» ist von einer wunderschönen Frau die Rede.

Ein Höhepunkt nach dem andern
Mit Ausschnitten aus Jacques Offenbachs «Orpheus in der Unterwelt» - der berühmte Cancan wurde diesmal nicht getanzt, sondern gesungen -, Ralph Benatzkys «Im weissen Rössl», Eduard Künnekes «Vetter aus Dingsda» und Carl Millöckers «Gasparone» gings unermüdlich weiter, und man freute sich an den unter die Haut gehenden Weisen und dem Eifer der Vortragenden.

Belebendes Rahmenprogramm
Am Operettenkonzert wurde nicht nur gesungen, sondern auch musiziert. Hans Jürg Bättig begleitete die Sängerschar einfühlend und mitreissend auf dem Klavier, und das Schrammelquartett, bestehend aus Martin Schleifer und Luzia Küchler (Violinen), Pia Rubi (Akkordeon) sowie Bernadette Arnold (Gitarre) spielten in Originalbesetzung und mit viel Herzblut Schrammelmusik aus Wien mit seiner (heute leider nicht mehr) schönen, blauen Donau.
Köstlich waren die von Ernst Süss vorgetragenen Texte. So erfuhr man etwa, warum bei einer Ballettaufführung in den ersten Reihen meist nur in Ehren ergraute Männer sitzen; man erlebte hautnah die unglücklich endende Geschichte von Fritz und Ferdinand mit, welche ihrem gemeinsamen Schatz Grete eine Birne schenken wollten, und erfuhr, warum eine schöne Frau eigentlich kein Verhältnis haben soll.

Hannes E. Müller

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