Wirbelsturm Lothar

Wirbelsturm Lothar (auch unter dem Namen Kurt)

Der Orkan der am Sonntag den 26. Dezember 1999   über Europa fegte forderte auch von den Nidwaldner Feuerwehren einen Grosseinsatz ab. Fast sämtliche Feuerwehren waren während Stunden im Einsatz und halfen abgedeckte Häuser notdürftig zu decken und Strassen wieder fahrbar zu machen.

Der nachfogende Text stammt aus der neuen Nidwaldner Zeitung vom 28. Dezember 1999 und wurde ab der Homepage www.neue-nz.ch kopiert.

Die Bilder wurden am Tage danach bei nicht optimalen Wetterbedingungen mit einer Digitalkamera aufgenommen.

Am Tag danach das grosse Aufräumen

 

Die Auswirkungen des Wirbelsturms «Kurt», der am 26. Dezember über Nidwalden hinwegfegte, wurden gestern richtig sichtbar, als alle Wege und Strassen wieder geöffnet waren.

VON CHRISTOPH NIEDERBERGER UND WERNER FLURY

Während sich das Oberforstamt per Helikopter einen Überblick über die grossen Schäden im Wald machte, waren die Verantwortlichen in den Gemeinden mit Fahrzeugen oder zu Fuss unterwegs. Bis zur Schwand in Büren konnte erst am späteren Nachmittag gefahren werden, weil die Strasse erst dann von den umgestürzten Bäumen geräumt war. Wie der Krisenstab von Oberdorf gestern melden konnte, sind alle Schadenplätze von helfenden Nachbarn und vor allem durch Bauleute besetzt. Der Krisenstab war nämlich bemüht, dass die Geschädigten spüren konnten, dass Hilfe geleistet wird. Über Telefon 610 64 17 kann weiterhin Hilfe anbegehrt werden.

Unbürokratisch handeln

Bei der Nidwaldner Sachversicherung erfolgte bereits am Sonntag das Aufgebot aller verfügbaren Angestellten. Wer ferienhalber auswärts war, wurde zurückbeordert, sodass gestern an die zwanzig Personen im Einsatz standen. Allein zehn Personen sind «am Draht», um Schaddenmeldungen entgegenzunehmen. Direktor Michael Kohler erwartete bis gestern Abend rund 600 Schadenmeldungen. Neben den ordentlichen Schadenexperten wurden sofort zusätzliche Bauleute rekrutiert, um die Schadenerhebung speditiv abzuwickeln. Dass Oberdorf mit dem Stall und Haus in der Allmend, wo zirka ein Dutzend Kühe und Rinder direkt oder wegen Verletzungen getötet werden mussten, zusammen mit Büren der Hauptschadenplatz bezüglich Gebäuden war, wurde leicht einsehbar. Im Nachhinein kann von Glück gesprochen werden, dass keine Menschenleben oder mehrere Schwerverletzte zu beklagen sind. In Spitalpflege befindet sich der Bruder des Allmend-Pächters in Oberdorf, der beim Sturm mit ihm im Stall war.

Selbsthilfe und Hilfe

Für NSV-Direktor Michael Kohler gibt es zwei Phasen in der Behebung von Schäden. In der ersten Phase gehe es um Schutzmassnahmen, um weitere Schäden zu verhindern. Gleichzeitig geht es um den Einsatz von Handwerkern, um Schutz- und Instandstellungsarbeiten zu machen. In der zweiten Phase gilt es die Schadenregulierung und die Instandstellung zu klären. Schäden, die an parkierten Autos entstanden sind, gehen übrigens über die Versicherung des Autos. Die Schadenexperten sind seit gestern unterwegs und betreuen einzelne Gemeinden. Heute beginnt zudem die Aufnahme der Schäden an den Kulturen.
Obwohl in der Gemeinde Oberdorf das Hauptschadengebiet liegt, sind andere Gemeinden ebenfalls stark betroffen. Zu nennen ist Ennetmoos, wo der Stanserhornwald ebenfalls grossen Schaden erlitten hat. Dazu werden viele Schäden an Gebäuden gemeldet. Der Sturm wirkte aber auch in Emmetten recht stark, wo dies der niedergewalzte Wald und die abgedeckten Häuser beweisen. Mehr oder weniger verschont wurden diesmal die Gemeinden Hergiswil und Wolfenschiessen. Dort allerdings gibt es einzelne Schadenlöcher im Wald.
Ausser Hagel alles

Das Schadenjahr 1999 ist für die Nidwaldner Sachversicherung wohl eines mit grösstem Schadenverlauf. «Ausser dem Hagel haben sich dieses Jahr mit den Lawinen, dem Hochwasser, den Erdrutschen und nun mit dem Sturmwind sowie einigen grösseren Brandfällen alle Naturelemente gemeldet», stellt Michael Kohler fest. Heute schon Schadensummen zu nennen, findet er verfrüht, dass sie weit höher als beim «Vivian» sind, steht für ihn fest. Damals waren es 6 Millionen bei den Gebäuden und 10 Millionen Franken an den Kulturen.

Die Holznutzung von einem Jahrzehnt liegt am Boden

Der in Oberdorf wohnhafte Kreisförster Ruedi Günter traute seinen Augen nicht, als er am vergangenen Sonntagmorgen aus dem Fenster blickte und die Baumreihen am Stanserhorn wie Zündhölzer umknicken sah ­ «als ob einer mit der Sense Gras geschnitten hätte». Der Grund für diesen traurigen Anblick war das Sturmtief «Kurt». Die am Boden liegenden Holzmassen stellten die reguläre Holznutzung von gut einem Jahrzehnt dar. In Zahlen ausgedrückt handelt es sich hierbei schätzungsweise um 220 000 Kubikmeter Holz.
Grosse Betroffenheit herrscht vorab in den Waldungen der Korporation Stans entlang des Stanserhorns (Gemeinden Stans und Ennetmoos). Aber nicht nur, denn auch aus anderen Waldgebieten sind gestern Schadenmeldungen eingetroffen. So auch im Gebiet des Ischenwaldes zwischen Beckenried und Emmetten oder in Buochs am Buochserhorn sowie in Büren und Oberdorf am Fusse des Buochserhorns.

Grosser Schaden bei LSE

Auch bei der Luzern-Stans-Engelberg-Bahn herrschte nach den Sturmereignissen vom Stephanstag Katastrophenalarm. Vorab Sicherungsanlagen und Lichtsignale wurden durch die orkanartigen Winde in arge Mitleidenschaft gezogen. Auf der Zahnradstrecke nach Engelberg zwischen Mettlen und Ghärst sowie an diversen anderen Orten wurde die Fahrleitung durch stürzende Bäume heruntergerissen. Zudem: Die Haltestelle Büren verlor wegen der starken Winde das Dach. Diese Schäden machten am Sonntag und in den Morgenstunden des Montags das Befahren der LSE-Linie ab Stans unmöglich. Das Bahnunternehmen überbrückte diese Zeit mit einem Busbetrieb; gegen Montagmittag verkehrte die Bahn bereits wieder bis Wolfenschiessen. Die Strecke zwischen Wolfenschiessen und Engelberg bleibt jedoch bis auf Weiteres für den regulären Bahnbetrieb geschlossen. Gemäss Auskunft der LSE wird das Befahren der Strecke vor Freitag, 31. Dezember, kaum möglich sein.
Aus der Führung gehoben

Die Wucht des Orkans spürte auch die Klewenalpbahn in Beckenried, wo auf der Höhe Zwischenstation Hartmannigs beim Zwischenmasten trotz einem vorhandenen Auflagedruck von 20 Tonnen das Tragseil aus der Führung gehoben wurde. Der dadurch entstandene Schaden wurde gestern behoben, und der Bahnbetrieb sollte ab heute wieder normal ablaufen können.
Das Elektrizitätswerk Nidwalden (EWN) musste im Verlauf des Sonntags sämtliche Pikettdienstleiter und das gesamte Leitungspersonal aufbieten, um der Stromunterbrüche Herr zu werden, die durch den Sturm ausgelöst worden sind. Zu beheben galt es Schäden an Verteileranlagen und an Starkstromleitungen. Stark betroffen waren die 50-kV-Betonmastleitungen vom Unterwerk Rotzwinkel und Fadenbrücke zum zentralen Kraftwerk in Dallenwil. An den Schadenstellen wurden mehrere Leitungsmasten, teilweise mit den Betonfundamenten, umgelegt. Zudem wurden mehrere Mastausleger direkt von den Leitungen abgerissen.
Folge aus diesen Ereignissen waren verschiedene Stromunterbrüche in fast allen Nidwaldner Gemeinden. Am stärksten betroffen waren Wolfenschiessen und Dallenwil, die vorab am Sonntag mit Totalunterbrüchen zu leben hatten. In grösseren Teilgebieten der Gemeinde keinen Strom zu verzeichnen hatten Oberdorf und Ennetmoos. Aber auch in kleineren Gebieten in Stansstad, Stans, Buochs, Ennetbürgen und Emmetten gingen für eine bestimmte Zeit die Lichter aus.

Umgehungsleitung erstellt

Die im Einsatz stehenden Equipen konnten bis Sonntagnacht an den meisten Orten die Schadensituation wieder beheben. Nur in kleineren Teilgebieten von Emmetten, Buochs, Oberdorf, Dallenwil, Wolfenschiessen und Ennetmoos mussten die Betroffenen die Nacht ohne Strom verbringen. Die erwähnten Schadenstellen der 50-kV-Betonmastleitungen vom Kraftwerk Dallenwil zum Unterwerk Fadenbrücke wurde mit einer provisorischen Umgehungsleitung wieder in Ordnung gebracht. Somit werde die Stromproduktion der EWN-Kraftwerke und der Kraftwerke Engelberg (KWE) wieder regulär transportiert werden können. Beim EWN rechnet man damit, dass die Arbeiten erst in zwei Tagen beendet sein werden. Bis dahin müssen die Betroffenen ohne Strom auskommen.
ry/chn

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Abgedecktes Werkstattgebäude in Stansstad

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Umgestürzte Bäume

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und abgedeckte Häuser  in Obbürgen

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